Am 12. September 2016 um 19 Uhr eröffnet die Kunstagentin und Kuratorin Nicole von Vietinghoff- Scheel im Rahmen der nächsten BERLIN ART WEEK 2016 die Ausstellung 1×1 in den Räumen der 92 Art Gallery in der Nähe vom Potsdamer Platz (Potsdamer Str.92 in 10785 Berlin). 1×1 steht für das Quadrat, in dessen vorgegebenem Rahmen zwölf internationale Künsterlinnen und Künstler ein Werk künstlerisch frei gestalten konnten, um hier ausgestellt zu werden.
Eines dieser Quadrate widmet sich einem Thema, das seit langem auch im Fokus der Arbeit von UNICEF steht: Kinderheirat. Der Titel des Werks „Let girls be girls not brides“ zitiert den UN- Generalsekretär Ban Ki-Moon. Die beiden Künsterlinnen Marion Mandeng und Tanja Wekwerth zeigen Puppenkleider, die sie in Tinte getaucht, auf Büttenpapier gepresst, fotografiert und digital bearbeitet haben – und schufen damit ein Bild, das die verletzte Unschuld und die schwere Rechtsverletzung der zu früh verheirateten Mädchen zum Hintergrund hat.
Weltweit sind zur Zeit mehr als 720 Millionen Frauen vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet worden, mehr als 250 Millionen davon waren bei ihrer Hochzeit unter 15 Jahre alt (ca. 8 % der 20- 24jährigen). Mädchen werden zudem sehr häufig die Ehefrauen von deutlich älteren Männern.
Auch Jungen werden als Kinder verheiratet, aber Mädchen sind davon überproportional betroffen. In
Niger wurden 77 % der Frauen, die heute 20-49 Jahre alt sind, vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet,
aber nur 5 % der Jungen in der selben Altersklasse.
Die zehn Länder, die die höchste Rate an Kinderhochzeiten aufweisen, liegen in Südasien und in
Afrika: In Niger ist die Zahl der Betroffenen insgesamt am höchsten, doch in Bangladesch werden die
meisten Mädchen noch unter 15 Jahren verheiratet (beinah 40 %). In Indien sind 56 %, in West- und
Zentralafrika 46 % und im übrigen Afrika 38 % der Mädchen noch nicht achtzehn bei ihrer
Vermählung. Auch in Europa kommt Kinderheirat vor: Unter den Roma zum Beispiel, die in Serbien
leben, werden 54 % der Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet. Zum anderen befinden sich
unter den Flüchtlingen aus Syrien viele der sogenannten Kinderbräute, davon Meldungen der
deutschen Presse im Juni 2016 zufolge mehrere Hundert auch in Deutschland. Dem
Bundesgerichtshof (BGH) liegt zur Zeit die Frage vor, inwiefern solche im Ausland geschlossene Ehen
mit Minderjährigen in Deutschland rechtliche Gültigkeit haben.
Kinderhochzeiten reflektieren Gesellschaftssysteme, die eine schwere Diskriminierung von Mädchen
perpetuieren und mit denen schwere Rechtsverletzungen einhergehen. Die Mädchen verlieren nicht
nur ihre Kindheit, sondern geraten früh in eine Situation der sozialen Isolierung, werden von ihrer
Familie, ihren Freunden und anderen Netzwerken, insbesondere auch ihrer Schule, getrennt. Ihre
Bildung bzw. Ausbildung ist mit der Heirat in der Regel für immer beendet und der Zugang zu
irgendeiner Form von Unterstützung und Hilfestellung versperrt. Die Mädchen sind Gewalt
ausgeliefert, zuforderst der Vergewaltigung und Unterdrückung durch ihre älteren Ehemänner. Da die
Mädchen zudem ohne sexuelle und medizinische Aufklärung verheiratet werden, sind sie mehr oder
weniger wehrlos HIV, anderen Infektionen und vor allem frühen Schwangerschaften ausgesetzt. In
Mozambique, Burkina Faso, Mali und Niger haben über 50 % der heute 20-24jährigen Mädchen, die
unter 15 Jahren verheiratet wurden, bereits drei oder mehr Kinder. Während der Schwangerschaft, für
die die Mädchen zum ganz überwiegenden Teil nicht körperlich reif sind, fehlt es ihnen ebenso an
medizinischer Versorgung, so dass sowohl Mutter als auch Kind hohen Risiken ausgesetzt sind, sehr
häufig sogar der Lebensgefahr. Viele Mädchen überleben die Schwangerschaft oder die Geburt ihres
Kindes nicht.
Seit den 1980er Jahren sinkt die Zahl der Kinderhochzeiten, allerdings nicht im dringend gebotenen
Maß. 1985 wurden noch ca. 33% aller Mädchen unter 18 Jahren und 12 % aller Mädchen unter 15
Jahren verheiratet: Somit ist eine Verringerung der globalen Rate von 7% bzw. 4 % in 30 Jahren zu
verzeichnen. Doch stehen diese relativen Zahlen einer höheren absoluten Zahl an Mädchen
gegenüber, da die Bevölkerung in den betroffenen Ländern zunimmt: während heute 720 Millionen
Frauen in ihrer Kindheit verheiratet wurden, werden es im Jahr 2030 ca. 950 Millionen sein und im
Jahr 2050 etwa 1,2 Milliarden. Selbst wenn also die Rate bis zum Jahr 2050 von heute ca. 26% auf
wahrscheinlich 18% sinken wird, werden 2050 demnach etwa 710 Millionen Frauen als Mädchen
geheiratet haben.
UNICEF setzt sich für die Verbesserung der Situation von Kindern und von Mädchen in der ganzen Welt ein: Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen bekämpft mit Erfolg die Verletzung elementarer Menschen- und Kinderrechte wie das Recht auf körperliche Unversehrheit und Gesundheit und das Recht auf Bildung. Frau von Vietinghoff-Scheel und die beiden Künsterlinnen, Marion Mandeng und Tanja Wekwerth, haben sich deshalb entschieden, 30% vom Verkaufserlös des Kunstwerks an UNICEF zu spenden und 50 % des Erlöses von jedem verkauften Katalog. Die Referentin der UNICEF-Arbeitsgruppe Berlin Gunda-Alexandra Detmers wird deshalb bei der Ausstellungseröffnung ein Grußwort sprechen und mit weiteren ehrenamtlichen Mitarbeitern vor Ort Informationen zum Thema verteilen und Fragen rund um die Arbeit von UNICEF beantworten.
Zu einer Berichterstattung über die Ausstellungseröffnung und dieses besondere Kunstwerk möchten wir Sie herzlich einladen. Bei Interesse an einer Teilnahme an der Eröffnung senden Sie bitte eine Anmeldung per E-Mail an vonvietinghoff-kunstagentur@email.de und an info@berlin.unicef.de.
Für weitere Informationen und Rückfragen wenden Sie sich bitte an die UNICEF-Arbeitsgruppe Berlin: Tel. 030 32 17 088 oder info@berlin.unicef.de.
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